Jeder der diesen Bericht lesen wird, kennt wohl den Ausgang des Spieles und eventuell auch die unfassbare Dramatik, die dieses mit sich brachte. Daher versuche ich meine Gefühlslage zu schildern, wie ich diesen Tag erlebt habe. Ich hoffe, dass ich es noch so chronologisch wie möglich, nach diesen verrückten Tag hinbekomme.
Der Tag begann für mich in einer Büroschicht, bei der ich meine Arbeit nicht wirklich wahrgenommen habe und mit den Gedanken schon ganz woanders war. Mit einem früheren Feierabend ging es schnell zum Bus, um die Tour ins Westfalenstadion zu starten. Der Parkplatz vollkommen überfüllt und die Leute schon jetzt angespannt.
Mit einer spontanen Stripteaseeinlage aus dem Champions-Leaguewürdigen, kloppigen Edelanzug in das bequeme Fancluboutfit konnte ich mir die ersten Geschenke und erregte Gesichter gewinnen. Von Carazza und Sandwich, bis zu diversen Getränken, wie Klopfer, Hefegetränken oder auch, das bei uns beliebte Dreyberg, was direkt eingheimst und vernascht wurde.
Um die Anspannung irgendwie auf die Seite zu bekommen, versuchte man sich mit Ablenkungen in unterschiedlicher Weise.
Mit dem Fotoshooting auf dem Rastplatz, welches uns schon gegen Donezsk Glück brachte, sollten nun alle Gedanken auf das Spiel fokusiert sein. Nachdem man mögliche Ausgänge besprochen, Diskussionen und unser geliebtes Tippspiel geführt hat, fand man sich pünktlich in Dortmund ein. Das Schwimmbad wurde aufgesucht, um letzte Kräfte zu sammeln, welches sich als gute Entscheidung nach Ausgang des Spieles entpuppte. Die kräftige Erbsensuppe gab die Energie, die wir für den Kampf bis zum Ende gebraucht haben.
Als Gruppe gingen wir dann ins Westfalenstadion und suchten direkt den Weg zu unseren Plätzen, wo wir zusammen als Fanclub dieses Schauspiel erleben durften. Überrascht war ich von der großen Anzahl von Fans aus Andalusien, die uns, wie auch schon beim Hinspiel, freundlich und nett im Schwimmbad begegnet waren.
Von unseren Plätzen war schon eine anstehende Choreografie zu sehen, die von unserer Seite aus nur vorgestellt werden konnte. Nachdem wir die Bilder und Videos der Choreo angesehen haben, darf man durchaus wieder den Hut ziehen, was dort wieder auf die Beine gestellt wurde. Die Ränge waren zuversichtlich und die Stimmung auch vorhanden, um einen angemessenden Abend zu schaffen. Trotz dem Gegentor stand man überzeugt hinter der Mannschaft und konnte den Ausgleich vor der Halbzeit schaffen. Dann sollte das ungeschriebene Drehbuch seinen Lauf nehmen. Mit vielen hochwertigen Chancen und einem überragenden Keeper „Willy“ brachte man uns auf den Rängen zur Verzweiflung. Ausscheiden ohne eine Niederlage in der Champions League Saison?! Nein, so nicht… plötzlich das 1:2 für Malaga… Stille im Stadion… Es würden 2 Tore fehlen… In der Schockphase stützte man sich kurz ab und lehnte sich zurück, man versuchte nochmal irgendwie, positive Töne aus dem Mund zu bekommen, was diese Mannschaft für diese Europapokalspiele nur verdient hat. Jedoch war man natürlich enttäuscht, was man in den vielen Gesichter auch sehen konnte.
Dann sollte das passieren, was jeder weiß. Aber keiner weiß, wie ich es wahrgenommen habe. Um den vielen Floskeln aus dem Wege zu gehen, schilder ich meine Wahrnehmung und meinen Ablauf.
Nach der Führung von Malaga blickte ich in die Gesichter meiner Mitglieder, Starre, Tränen und viel Enttäuschung. Dann sollte dieses unvergessliche Erlebnis passieren, was jeder bis an sein Lebensende, sogar mit Demenzkrankheit noch immer im Kopf haben und behalten wird.
2:2 – der Tempel brennt und bebt, jeder auf den Rängen will den Ball nur noch in unseren Reihen, mit Schreien und Anfeuerungen behalten. Dann sollte es zu einem der wohl magischsten Momente kommen, die ich bisher erleben durfte.
Es kommt zum bekannten 3:2 durch Tele Santana, zuerst einige Befreiungsschreie von mir, dann meine Freundin, ich nehme sie fest in die Arme, schließe die Augen und genieße das Tor mit einem langem Kuss und höre dabei die brachiale Lautstärke des Tor- und Freudenjubels im Stadion. So laut das wohl ein Dezibelmesser „ERROR“ angezeigt hätte. Eine Gänsehaut, die man so noch nicht hatte.
Manchmal schließe ich meine Augen bei der Wiederholung „Walk on, Walk on, with hope in your heart“, um die Stimmen und den Gesang so wahrzunehmen. Also habe ich diesen Moment auch so erleben wollen. Ich öffne meine Augen und blicke zu meinen Mitgliedern, sie liegen sich in den Armen, alle an anderen Stellen, wo sie vorher standen und die Freudentränen fließen bei ihnen. Dann wird es auch nass bei meinen Augen, etwas meinen Freunden gegeben zu haben, was sie nie vergessen werden. Es sind Momente für die es keine Worte gibt. Ähnliche Momente, die man im sonstigen Leben oder in der Liebe erlebt und so wird man diesen Tag auch mit einem Strahlen weitererzählen. Man kann es nicht erklären, wenn man solche Momente nicht selber erlebt hat. Vater oder Mutter zu werden, zu heiraten oder einen unvergesslichen Moment mit seinen Partner zu haben. Niemals wird man das richtig erklären können, doch man wird es mit einem tollen Gefühl und einem breiten Grinsen immer weitererzählen. Es war deutlich intensiver als der Pokalsieg gegen die Bayern oder den Meisterschaften. Die Meisterschaften waren ein Prozess, den man anders gefühlt hat. Der Doublesieg im Pokal war überragend, jedoch war die Dramatik nicht so gegeben, wie dieser Moment. Toll, dass ich es erleben durfte.
Und genau das ist es, liebe Fans von Hoffenheim und Co., was ihr nie erleben werdet. Nicht das ihr ein Spiel so nicht spielen könnt, mit einem ähnlichen Ausgang oder ähnlicher Dramatik. Nein, das nicht, aber was am 09.04.2013 im Westfalenstadion passiert ist, ist eine Sache, die für Borussia Dortmund steht. Leidenschaft, Liebe, das Unglaubliche. Deswegen bin ich so verknallt in diesen Verein und wir, die der Borussia schon so lang untersützen, dürfen mächtig stolz sein, ein Teil dieses Vereines zu sein.